Geburtsfotografie
Warum sie eine (noch) viel größere Rolle in unserer Gesellschaft spielen muss als bisher
Geburtsfotografie bedeutet nicht nur, schöne Bilder eines so großen Ereignisses im Leben einer Frau, einer Familie, anzufertigen.
Geburtsfotografie bedeutet so viel mehr, als den meisten von uns auf dem ersten Blick bewusst ist.
Wir Geburtsfotografinnen (bis dato gibt es meines Wissens nach tatsächlich nur Frauen in Deutschland, die diesen Weg gehen) leisten bis zu einem gewissen Grad sogar politische Arbeit. Inwiefern? Das kannst du hier gleich in dem Brief einer Frau lesen, die geboren und sich dabei fotografisch begleiten lassen hat. Ihrer Stimme möchte ich Raum geben am Ende dieses Blogbeitrags.
Es wird nicht nur ein in so vielen Bereichen transformierender Prozess festgehalten, auch die Hebammenarbeit wird in den Fokus gerückt. Es wird deutlich, wie unersetzbar ihre Arbeit im Allgemeinen ist. Ich als Doula begleite z.B. „nur“ emotional, den medizinischen Teil, der manchmal einfach entsteht oder schon vorhanden ist, den übernehmen in Gänze die Hebammen. Natürlich stehen sie ebenfalls emotional an der Seite der Frau, des Paares, aber besonders in der Klinik ist dies leider oft nicht möglich aufgrund der personellen Situation. Jeder tut sein Bestes, im Rahmen seiner Möglichkeiten. Oder die mehr als schlechte Bezahlung in der außerklinischen Geburtshilfe, die horrenden Versicherungssummen, wegen derer so viele Hebammen ihr Handwerk aufgeben mussten oder stark einschränken und und und.
Daher ist es umso wichtiger, dass auch das Wirken unserer Hebammen noch viel, viel mehr in den gesellschaftlichen und politischen Blickpunkt wandert. Ich hoffe, mit meinen Arbeiten einen kleinen Teil dazu beitragen zu können, dass sich dadurch an den Arbeitsbedingungen der Hebammen endlich etwas ins Positive verändert.
Dein Wirken als Hebamme
Erzähle deinen Frauen und Familien von Geburtsfotografie. Die allermeisten kennen sie nicht und hören meist das erste Mal davon.
Vernetze dich aktiv mit Geburtsfotografinnen. Ich freue mich z.B. immer sehr, neue Hebammen kennenlernen zu dürfen und dann gemeinsam mit ihnen bei Geburten eingeladen zu sein.
Wenn immer zahlreicher Geburtsreisen fotografisch verewigt werden, wird es auch immer mehr Momentaufnahmen davon in Social Media geben, in Medien wie Fernsehen oder Zeitschriften. Im Freundes- und Bekanntenkreis würde mehr und offener darüber gesprochen werden, Vorurteile können abgebaut werden, neue Blickwinkel entstehen.
Sichtbarkeit ist ein machtvolles Instrument im Kampf um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Hebammen.
Denn nur über Dinge, die man sieht und wahrnimmt, kann gesprochen werden, wird in den Dialog gegangen. Unsichtbares bleibt weiter verborgen.
Über die Bedeutung von Geburtsfotografie - Doreen
„Beim Scrollen durch Social Media habe ich immer die Frauen bewundert, die sich bei einem der intimsten, kraftvollsten und transformierendsten Momente im Leben einer Frau – der Geburt ihres Kindes – fotografisch begleiten ließen. Ich finde Geburtsfotografie ist eine zärtliche und intime Kunstform, die die ersten Momente eines neuen Lebens einfängt. Diese Fotografien sind nicht nur Bilder, sie sind liebevolle Erinnerungen an die Geburt eines Kindes, an die ersten Augenblicke (der erst Atemzug, der erste Kuss, die erste Umarmung usw.) die so kostbar und einzigartig sind.
Bei meinem dritten Kind wuchs aus einem „Hirngespinst“ nun der dringliche Wunsch, auch unsere Geburtsreise fotografisch begleiten zu lassen, um lebenslange Aufnahmen der Geburt festzuhalten. Ich wollte meinem Kind nicht mehr nur erzählen, wie seine Geburt verlief, sondern ihm diese auch bildlich zeigen. Welch tiefere Bedeutung diese Bilder noch haben sollten, war mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewusst.
Für uns Eltern sind diese Fotografien ein Schatz von unschätzbarem Wert.
Sie haben den Augenblick eingefangen, in dem wir unser Baby zum ersten Mal sahen, der erste Atemzug, das erste Schreien, den ersten zarten Kuss auf die Stirn und die Tränen der Freude und Erleichterung. Diese Bilder halten die Magie und das Wunder fest, die mit der Geburt eines Kindes einhergehen. Sie sind ein Fenster in die Seele dieser kostbaren Momente, die man nie vergessen möchte. Sie helfen, die Wärme, die Liebe und die tiefe emotionale Verbindung zu bewahren, die in diesen ersten Augenblicken entsteht.
Auch jetzt schaue ich mir die Bilder immer wieder an und denke über die Höhen und Tiefen der Schwangerschaft nach, der beängstigenden Diagnosen, der Tränen vor Angst, aber auch vor Freude, der Erleichterung ein gesundes Baby in den Armen zu halten, der Liebe, der Glückseligkeit und Freude darüber, dass die gewünschte Hausgeburt so selbstbestimmt stattfinden konnte, wie wir es uns gewünscht hatten und noch so vieles mehr.
Geburtsfotografie hat auch eine wichtige politische Bedeutung. Rückblickend erkenne ich immer mehr diese enorme politische Bedeutung von Geburtsfotografie. Der Wichtigkeit Geburt bildhaft darzustellen, um Frauen somit die Angst vor der Geburt zu nehmen und wieder mehr auf sich selbst, den eigenen Körper und der Natur zu vertrauen. In einer Welt, die oft standardisierte und medizinisch dominierte Ansichten über die Geburt hat, bringen diese Bilder die natürliche Schönheit und Vielfalt der Geburtserfahrungen ans Licht.
Sie geben den Frauen ihre Geschichten zurück und zeigen, dass jede Geburt einzigartig und besonders ist. Sie zeigen die Vielfalt und Realität der Geburtserfahrungen und fordern damit die Gesellschaft heraus, die oft starren und klinischen Ansichten über Geburt zu überdenken.
Diese Fotografien können kraftvolle Botschaften über die Notwendigkeit einer respektvollen, selbstbestimmten und gleichzeitig unterstützenden Geburtshilfe senden. Sie machen auf die Rechte der Gebärenden aufmerksam und unterstreichen die Bedeutung von individuellen Geburtsplänen und einer einfühlsamen Betreuung durch Hebammen und Doulas. Indem sie die Realität des Geburtsprozesses zeigen, fördern sie eine informierte und mitfühlende Diskussion über die besten Praktiken und Richtlinien im Bereich der Geburtshilfe. Zudem können Missverständnisse und Vorurteile abgebaut werden.
Rückblickend sind diese Fotografien ein liebevoller Blick in die Vergangenheit. Wenn wir uns Jahre später die Geburtsfotos ansehen, werden all diese Erinnerungen und Gefühlen wach. Diese Bilder erinnern an die zärtlichen, kraftvollen Momente, die unser Leben für immer verändert haben. Sie bewahren die Erinnerungen an die ersten Berührungen, die ersten Blicke und die tiefe Verbundenheit, die in diesen Augenblicken entstanden ist. Diese Rückblicke sind nicht nur sentimental, sondern auch stärkend. Sie zeigen, wie weit man gekommen ist, und erinnern daran, wie stark und mutig man in diesen Momenten war. Sie sind eine Feier des Lebens, der Liebe und der unzertrennlichen Bindungen, die durch die Geburt eines Kindes entstehen.
Auch aus einer politischen Perspektive können diese Rückblicke bedeutsam sein.
Sie zeigen, wie weit wir in der Anerkennung und Unterstützung von individuellen Geburtserfahrungen gekommen sind und welche Wege noch vor uns liegen. Die Bilder symbolisieren den fortlaufenden Kampf um reproduktive Rechte und die Anerkennung der Geburt als ein natürliches, selbstbestimmtes und kraftvolles Ereignis im Leben einer Frau.
Geburtsfotografie ist somit viel mehr als nur eine Ansammlung von Bildern. Sie ist eine liebevolle Dokumentation der ersten Momente eines neuen Lebens, ein Mittel zur Bewahrung kostbarer Erinnerungen und ein kraftvolles Werkzeug zur Förderung von Verständnis und Mitgefühl in der Gesellschaft. In jedem Bild steckt eine Geschichte von Liebe, Hoffnung und der wundervollen Reise des Lebens.“
